Dein Hund oder Welpe beißt dich? Nicht nur junge Hunde haben das Problem, dass sie die Kraft ihres Bisses nicht einschätzen können. Auch bei älteren und erwachsenen Vierbeinern kann die fehlende Beisshemmung noch ein Thema sein. Und was beim kleinen Hund noch niedlich war, kann beim großen sehr schmerzhaft sein. Hier erfährst du, wie du deinem Hund Beisshemmung beibringst.
Eines der wichtigsten Dinge, wenn du einen Welpen bekommst, ist die Beisshemmung. Hunde wissen nicht von Geburt an, dass sie uns Menschen nicht beissen dürfen. Meist lernen sie das erst im Spiel mit ihren Geschwistern, wo zu heftiges Zwicken und Beissen sofort mit einem Abbruch des Spiels quittiert wird. So lernen sie, auch bei größer Aufregung und Freude, ihre Zähnchen unter Kontrolle zu halten.
Beisshemmung bedeutet, dass der Hund in der Lage ist, die Kraft seines Bisses zu kontrollieren, um möglichst keine Verletzungen zu hinterlassen. Natürlich hat jeder Hund das Potential zu beissen, je nach Situation und Umstand. Einige Hunde rasten schon bei der kleinsten Provokation aus, aber auch der liebste Hund kann bei Stress oder wenn er Schmerzen hat, zuschnappen. Wenn es zu einem Biss kommt, macht die Beisshemmung den Untersschied, ob man kurz erstaunt inne hält oder sich auf den Weg zum Notarzt machen muss. Für den Hund besteht immer die Gefahr, dass er die Konsequenzen seines Bisses zu spüren bekommt. Nicht wenige Hunde werden ins Tierheim gegeben und gelten dort als schwer vermittelbar oder müssen sogar eingeschläfert werden.
Ein Biss steht erst am Ende einer langen Reihe von Verhaltensweisen des Hundes, mit denen er uns signalisiert, dass er sich unwohl oder bedrängt fühlt. Um einen anderen Hund, Menschen oder andere Lebewesen zu stoppen, ein bedrohendes oder unerwünschtes Verhalten zu zeigen, wird der Hund in der Regel immer erst einmal sogenannte Beschwichtigungssignale zeigen. Leider werden diese oft nicht erkannt oder bewusst übergangen, so dass der Hund ein immer vehementeres Abwehrverhalten zeigen muss.
Dein Hund signalisiert dir durch einen angespannten Körper, direkten Blickkontakt, angezogene Mundwinkel und Lippen lecken, dass ihm die Situation unangenehm ist. Werden diese Zeichen ignoriert, wird der Hund knurren, offensiv bellen, in die Luft schnappen (ohne Augenkontakt) und erst, wenn nichts hilft, wirklich zubeissen. Wenn du bei deinem Hund solch Abwehrverhalten bemerkst, will er dir damit sagen “Bitte hör damit auf”.
Es gibt nicht wenig Hundehalter, die ihrem Hund das Knurren verbieten. Dabei handelt es sich dabei um eine wichtige Ausdrucksform in der Hundesprache, dem man auf den Grund gehen sollte, statt es pauschal zu bestrafen. Sonst wird der Hund lernen, das Verhalten zu unterdrücken und gleich zubeissen.
Besser ist es, die frühen Zeichen sofort zu bemerken und darauf zu reagieren. Das kann z.B. sein, dass du den Reiz, der deinen Hund verunsichert, langsam entfernst oder ihn daran gewöhnst. Dennoch kann es auch beim besten Hund und erfahrensten Hundehalter zu einem Beissvorfall kommen. Dann kann man nur hoffen, dass der Hund eine gesunde Beisshemmung hat.
In einer idealen Welt lernt dein Hund schon im Welpenalter beim Spiel mit seiner Mutter und den Wurfgeschwistern, dass er nicht einfach so zubeissen darf. Das passiert durch negative Bestrafung, indem etwas Tolles aufhört, wenn der Welpe zu fest beisst. Wenn der Welpe beim Säugen zu doll seine Zähne einsetzt, wird die Milchbar wahrscheinlich aufstehen und gehen. Das Spiel mit den Geschwistern wird quietschend beendet oder zumindest kurz gestoppt. Die Welpen lernen also, ihre Zähne nur sanft einzusetzen, wenn der Spaß weitergehen soll.
Aus diesen Gründen haben verwaiste Welpen das Problem eine geringere Beisshemmung als Hunde, die bis zur 8. oder 12. Lebenswoche mit ihrer Mutter und den Geschwistern in relativ viel sozialen Interaktionen aufwachsen. Auch Frustrationstoleranz entwickeln solche Welpen nur schwer, da sie keine Geschwister haben, mit denen sie um Ressourcen konkurrieren müssen. Sie könnten auch schneller zubeissen – und ohne vorherige Anzeichen – wenn sie nicht bekommen, was sie wollen.
Wenn dein Hund, aus welchen Gründen auch immer, dazu neigt, kräftiger zuzubeissen, solltest du mit ihm trainieren, dass es sich lohnt, sich selbst zu beherrschen. Das kannst du ihm nicht früh genug beibringen. Denn scharfe Zähne haben nichts auf menschlicher Haut oder in Kleidung zu suchen.
Wenn dein Welpe dich im Spiel so hart beisst, dass es weh tut, sage mit einer ruhigen Stimme “Aua!” und entferne sanft deinen Körperteil aus seinem Maul. Dann drehst du dich um und ignorierst ihn für ein paar Sekunden. Wenn er dich weiter beissen will, entferne dich für eine kurze Weile, bis er sich beruhigt hat. Dann kannst du erneut mit ihm Spielen und wenn es wieder zu heftig wird, wiederholst du die Übung.
Das lässt sich prima in den Alltag integrieren und du bringst es deinem Hund auf relativ sanfte Art bei, genauso wie es seine Mutter oder Geschwister tun würden. Indem du ihm deine Aufmerksamkeit entziehst!
Welpen, genauso wie erwachsene Hunde und auch Menschen, lernen durch Wiederholungen. Es wird seine Zeit brauchen und du wirst Schritt 1 häufig wiederholen müssen, bis dein Hund lernt, freiwillig die Kraft seines Mauls zu kontrollieren. Gerade Welpen haben eine großes Bedürfnis, zu kauen und zu beissen, deshalb solltest du die Übung nur machen, wenn es dir weh tut. Sanftere Bisse sind im Moment noch erlaubt. Wenn du versuchst, das Beissen auf einen Schlag komplett zu unterdrücken, werdet ihr beide schnell frustriert sein.
Nach und nach wird dein Hund weniger stark zu beissen, wenn ihr miteinander spielt. Dann kannst du Schritt 1 auch für die etwas sanfteren Bisse einsetzen, bis du deinem Hund am Ende beigebracht hast, seine Zähne überhaupt nicht mehr einzusetzen.
Hunde wollen Spaß haben! Wenn sie herausfinden, dass das Gute aufhört, wenn sie zu hart beissen, werden sie schnell die Kraft ihres Mauls kontrollieren lernen und irgendwann aufhören. Das funktioniert besonders gut, indem du ihn darin bestärkst, wenn er besonders sanft seine Zähne einsetzt. Du kannst auch einen stimmlichen Marker setzen, wenn dein Hund die richtige Stärke einsetzt. Belohne ihn mit noch mehr Aufmerksamkeit und Spaß!
Generell solltest du deinem Hund immer ein paar geeignete Kauspielzeuge zur Verfügung stellen, an denen er seinen Kautrieb auslassen kann. Gerade Welpen haben ein hohes Kaubedürfnis, besonders während des Zahnwechsels. Da kann es eine gute Idee sein, deinem Hund Alternativen zu menschlichen Händen zu geben.
Viele Hundehalter wissen natürlich, dass der sogenannte Alphawurf heute kein adäquates Mittel der Hundeerziehung ist. Dennoch gibt es immer wieder Leute, die auf Hundewiesen, Trainingsplätzen oder im Internet genau das empfehlen. Zum einen benimmt sich so kein souveräner Rudelchef, zum anderen könnte das die Bisse des Hundes verstärken und aggressiver machen, weil er meint, sich verteidigen zu müssen.
Das überrascht dich vielleicht, aber es bringt nichts, das Quietschen der Wurfgeschwister nachzuahmen, wenn dein Hund seine Zähne zu stark einsetzt. In der Theorie versuchst du dadurch zwar eine Sprache zu sprechen, die dein Hund verstehen sollte, in der Praxis kann es jedoch zu Übersetzungsproblemen kommen. Quietschen bedeutet bei Welpen nämlich auch, dass sie etwas mögen.
Nur weil du denkst, dass du das Geräusch perfekt nachahmst, heißt das noch nicht, dass dein Hund es tatsächlich auch richtig versteht. Oft werden die Hunde durch das Quietschen noch mehr angespornt und immer wilder. Ein ruhiges “Aua!” und Schritt 1 helfen da wesentlich besser.
Auch eine klassische, aber ziemlich schlechte Idee. Wenn du deinem Hund das Maul zuhältst, kopierst du nicht etwa das Verhalten seiner Mutter, sondern feuerst vielleicht unbewusst die Verteidigung deines Hundes an. Außerdem wird er deine Hände in der Nähe seines Gesichtes irgendwann als negativ assoziieren, was wiederum nicht hilfreich ist, wenn du deinen Hund bürsten, ihm die Zähne putzen, verarzten oder sogar streicheln möchtest.
Quelle: das-lieblingsrudel.de